Employer Branding bei Facebook & Co: Es wird Zeit!
Ein Gespräch mit Personalmarketing-Experte Lutz Altmann über Arbeitgebermarken im Social Web
Employer Branding in Social Web – ein vielfach diskutiertes Thema. Ist Facebook ein geeigneter Kanal, gefragte Kandidaten langfristig an die eigene Arbeitgebermarke zu binden? Oder müssen die Befürworter einfach erkennen, dass sich das weltweit meist genutzte Netzwerk zwar für Fußballer – der portugiesische Pfau Cristiano Ronaldo zählt weit über 50 Millionen Fans aus der ganzen Welt – eignet, aber nicht der richtige Ort ist, an dem sich Kandidaten zu einem Wunsch-Arbeitgeber bekennen? Lutz Altmann (Foto) ist Geschäftsführer bei humancaps consulting, einer Personalmarketing-Beratung, die über einen fundierten Erfahrungsschatz verfügt, wenn es um das Thema Employer Branding in Social Media geht. Zudem ist er der Macher des anerkannten Personalmarketing Blogs. Nun hat er mit seiner Firma eine hochinteressante Analyse von 100 Employer Branding Fan Pages durchgeführt. STAMMPLATZ-Gründer Sascha Theisen sprach mit ihm über die Ergebnisse:
STAMMPLATZ: Lutz Altmann, Sie haben die Arbeitgeber-Fanpages von 100 Employer Brands untersucht. Bereits im letzten Jahr haben Sie eine ähnliche Untersuchung mit 80 Arbeitgebern durchgeführt. Im Jahresvergleich: Hat sich Facebook zu einem ernst zu nehmenden Kanal für Employer Branding entwickelt?
Lutz Altmann: Erst einmal kurz eine Klarstellung zu unseren regelmäßigen Untersuchungen der Employer Brand Fanpages bei Facebook. Im Gegensatz zu allen anderen Studien erheben wir jeden Monat die entsprechenden Zahlen von 100 Fanpages. Dadurch können wir neben kurzfristigen Auswirkungen vor allem auch mittel- bis langfristige Entwicklungen besser nachhalten und auch im Rahmen der Beratung unserer Kunden wesentlich gezieltere Maßnahmen entwickeln.
Nun zur eigentlichen Frage. Ja, Facebook hat sich zu einem ernst zu nehmenden Kanal für das Employer Branding entwickelt. Auf Facebook können Unternehmen, die es richtig machen, mit den Medienformaten Video und Bilder ihre gesamten Offline-Maßnahmen online und mobile besser vermarkten. Es geht hierbei sehr stark um visuelle Vermarktung der Employer Brand. Doch dies fällt immer noch sehr vielen Unternehmen sehr schwer. Facebook ist derzeit dafür ein geeigneter Kanal. Doch es werden auch zukünftig wieder weitere Netzwerke neue Maßstäbe setzen. Es geht dabei also nicht „nur“ um die Nutzung von Facebook, sondern eher um das Agieren und Kommunizieren der Arbeitgeber im Social Web.
STAMMPLATZ: Welche Arbeitgeber sind Teil der Untersuchungen gewesen? Mittelständler, Konzerne, kleine Unternehmen? Wie haben sie die Seiten ausgewählt?
Lutz Altmann: Wir haben vor zwei Jahren damit begonnen, jeden Monat Arbeitgeberfanpages miteinander zu vergleichen. Hier haben wir uns vorrangig auf die mittelständischen und großen Unternehmen mit einer Fanpage mit Bezug zu Karriere konzentriert. Hauptfokus der Pages sollte im deutschsprachigen Bereich sein. Dies ist heute jedoch immer schwieriger zu trennen. Von jedem Unternehmen ist jedoch auch immer nur eine Seite vertreten. Wir achten daher sehr stark jeden Monat auf Neueinsteiger bei Facebook und die allgemeinen Entwicklungen bei den Fanpages. Stagnierende Fanpages mit geringer Interaktion nehmen wir nach spätestens drei Monaten auch wieder aus dem Ranking. So verändert sich die Auswahl der Fanpages jedes Quartal leicht.
STAMMPLATZ: Im Schnitt haben die Seiten etwas mehr als 9.900 Fans. Das klingt zunächst einmal wenig. Stimmt diese Einschätzung?
Lutz Altmann: Ja das stimmt erst einmal, wenn man nur die Zahl von 9.900 Fans im Vergleich zu den jeweiligen Mitarbeiterzahlen sieht. Doch wir dürfen dies nicht allein an der Zahl der Fans ausmachen. Eine Arbeitgeberfanpage hat nicht die gleiche Sogwirkung wie bspw. Produktpages oder Promi-Pages. Und wir sind noch in einer Aufbauphase. Doch Fanpages, wie BMW Karriere, Bundeswehr Karriere oder Krones AG zeigen uns, wo die Reise hingehen kann. Wobei allen Seitenbetreibern immer das qualitative Wachstum wichtiger als das reine quantitative Wachstum sein sollte.
STAMMPLATZ: Es fällt auf, dass auch die interaktive Dialog auf den Seiten eher gering ist. Im Schnitt werden die Postings auf den Seiten 1,5 Mal geteilt. Die Posts generieren im Durchschnitt 2,4 Kommentare und circa 35 Likes. Das sind teilweise erschreckende Werte. Woran liegt das?
Lutz Altmann: Ja, dies ist erschreckend. Kurz auf den Punkt gebracht: Ganz viele Pages können (noch) nicht Shareable Content „produzieren“. Viele Personalmarketeers handeln noch nach alten Mustern. Bspw. liest man immer noch häufig Posts zu gestrigen Events, wie Karrieremessen oder vergleichbares. Doch dies interessiert in der Kommunikation im Social Web zum jeweils heutigen Tag nur noch wenige Leute. Arbeitgeber müssen also spontaner und kreativer werden sowie hierbei ihre „Geschichten“ besser visualisieren und konsequenter vermarkten. Langsam wird es also Zeit.
STAMMPLATZ: Auch der Blick auf die Fan-Zahlen der Online-Jobbörsen zeigt, dass die Facebook-User Probleme mit dem Thema Job haben. Die Zugriffszahlen der Stellenportale liegen im Millionen-Bereich, die Like-Buttons werden dagegen bestenfalls im vierstelligen Bereich angeklickt. Ist das „High-Involvement-Thema“ Job einfach nicht für Facebook geeignet, da man seine Einstellung dazu nicht mit anderen Menschen aus seiner Timeline teilen möchte? Oder haben sowohl Arbeitgeber als auch andere Akteure einfach noch nicht den richtigen Dreh gefunden, ihr Thema spannend ins soziale Netz zu transportieren?
Lutz Altmann: Ich denke beides. Zu recht und auch zum Glück redet nicht gleich jeder über seine aktuelle Jobsuche drauf los. Dies würde doch viele irritieren. Auf der anderen Seite haben es noch immer viele Unternehmen nicht verstanden, nicht nur ihre Vorzüge als Arbeitgeber als auch vor allem ihre Jobs spannender zu präsentieren. Noch werden zu häufig bloße Joblinks „gepostet“. Dies wirkt jedoch ganz selten nachhaltig nach. Dies gelingt gerade einmal der adidas Group als trendiger, internationaler Arbeitgeber mit eigenem Jobaccount auf Twitter.
Doch wenn es die Unternehmen richtig verstehen, ihre Jobs bei den passenden Zielgruppenkanälen besser zu präsentieren, funktioniert der Transport der Jobbotschaft. Sehr positive Erfahrungen haben wir dazu zusammen mit der ROBINSON Group bei einer aktuellen Stellenausschreibung für einen Referent/in Personalmarketing & Social Media auf dem Personalmarketing Blog gemacht. Hier stimmten sowohl der Zielgruppenkanal als auch die sehr persönlichen Botschaften des Unternehmens. So wurde der Personalmarketing Blog zum Recruiting Kanal Nr. 1 für diese Position. Besser als jedes Stellenportal!
STAMMPLATZ: Was sind Ihre ersten Empfehlungen, wenn sich ein Unternehmen dazu entschließt, auch auf Facebook die eigene Employer Brand zu präsentieren?
Lutz Altmann: Wir achten sehr stark auf die „Kommunikationsfähigkeit“ des jeweiligen Unternehmens. Dies bedeutet, welche Inhalte kann das Unternehmen mit welchen agierenden Personen wie aktiv kommunizieren. Auf Facebook geht es nicht darum eine attraktiv aussehende Fanpage zu entwickeln. Eine Karrierefanpage wird es dann richtig attraktiv, wenn den Arbeitgebern der nachhaltige Auf- und Ausbau der Fanbase mit zielgruppenorientierten Inhalten gelingt. Dann klappt es auch besser mit den potenziellen Bewerbern.
STAMMPLATZ: STAMMPLATZ-Interviews kommen nicht ohne Fußball aus. Daher zum Schluss: Sie sind glühender Fan der Borussia aus Mönchengladbach, die gerade heftig um die Europacup-Ränge kämpft. Ihre Einschätzung: Geht´s nächstes Jahr wieder nach Rom?
Lutz Altmann: Heftig kämpfen sieht für mich doch etwas anders aus. So richtig „heiß“ scheint keines der Teams auf Europa zu sein. Daher glaube ich und hoffe ich vor allem, dass Borussia auch nächstes Jahr wieder dabei sein wird. Denn auch Borussia Mönchengladbach hat noch einiges zu tun, um national wie auch international eine stärkere Employer Brand aufzubauen. Nur so kommen gute Spieler an den Niederrhein.
STAMMPLATZ: Dafür drücken wir die Daumen! Lieber Herr Altmann, vielen Dank für das Gespräch!